USA by Rail!


Die Idee, mit dem Zug durch Amerika zu reisen, war eigentlich schon vorhanden, bevor überhaupt klar war dass ich in die USA fliegen würde. Weil ich mit meinem BRADT Reiseführer 2009 in Algerien so zufrieden gewesen war, hielt ich Ausschau nach weiteren Reiseführern dieses Verlages, der sich eher auf "exotische" Destinationen wie beispielsweise Armenien, Uganda oder eben auch Algerien spezialisiert hat. Ich blätterte den BRADT-Online-Katalog durch, und bestellte mir die 3 Reiseführer Lappland, Nepal & Tibet sowie USA by Rail. Keine dieser Reisen war konkret geplant, es waren einfach Ziele die mich grundsätzlich interessierten und die ich - vielleicht - auch irgendwann einmal bereisen wollte (falls nicht, dann wären die Bücher immer noch gut geeignet für ein wenig "armchair travelling").

Die USA mögen vielleicht kein "exotisches" Reiseziel Sinn sein, aber wenn man bedenkt dass die Amerikaner grundsätzlich am liebsten in ihr Auto, und bei längeren Strecken hauptsächlich ins Flugzeug steigen, dann hat ein Bahn-Reiseführer für die USA doch einen Hauch von Exotik. Auch Touristen greifen in Amerika aufgrund der günstigen Benzinpreise & Inlandsflüge am liebsten auf Auto oder Flieger zurück, nicht zuletzt auch deshalb weil der öffentliche Verkehr einen schlechten Ruf geniesst. In meinem BRADT Reiseführer erfuhr ich allerdings, dass es auch in den USA möglich ist, mittels einem Railway Pass günstig kreuz und quer durchs Land zu reisen, ähnlich unserem Interrail Ticket. Und zu meiner Überraschung fand ich auch heraus, dass es dafür (im Gegensatz zum Interrail Ticket) keine Altersbeschränkung gibt! Einzige Voraussetzung: man darf kein US-Staatsbürger sein.

das zweitwichtigste Dokument nach meinem Reisepass: mein USA Rail Pass

"Viel zu langsam" und "unpünktlich" waren die ersten Gegenargumente die Amerikaner parat hatten, wenn ich ihnen erklärte dass ich vorhatte das Land mit dem Zug zu erkunden. "Trains in the US are not like trains in Europe" meinte auch mein Yoga-Kollege Adam Kelly aus New Hampshire - obwohl sich später herausstellte dass er noch gar nie in Europa gewesen, geschweige denn in einem unserer Züge gesessen war! Ich liess mich aber nicht entmutigen - schliesslich haben wir in Österreich ja auch keinen TGV und viel unbequemer als letzten Oktober mit der ÖBB am Heimweg vom Oktoberfest (als sich ein betrunkener Fahrgast in meinem Abteil mit dem Personal anlegte und ein junger Mann beschloss auf dem Boden des Abteils zu schlafen) konnte das Bahnfahren in Amerika auch nicht sein! Und immerhin ist Amerika das Pionierland des Schienenverkehrs, Railroad Tycoons vernetzten einst den "Wilden Westen" mit dem Rest des Landes... da bedeutet Bahnfahren doch einen Hauch Nostalgie, quasi Geschichte zu atmen!

Seit ich mit Yoga begonnen habe, stelle ich immer wieder fest, wie sich Dinge manchmal "wie von selbst" zu ergeben scheinen. Ich hatte mir den USA by Rail Guide damals ohne Hintergedanken an eine mögliche USA-Reise gekauft (wenn, dann war es höchstens Wunschdenken), doch nicht einmal ein Jahr später begann diese Reise plötzlich Gestalt anzunehmen, und als meine Teilnahme am Teacher Training in Los Angeles endgültig Gewissheit wurde, hatte ich mir schon längst eine Route zurechtgelegt, mit der ich anschliessend noch mehr von den USA sehen wollte - denn nach 2 Monaten Kasernierung in einem Airport-Hotel in Los Angeles wieder heimzufliegen, so hatte ich mir meinen ersten Besuch in den USA nun auch nicht vorgestellt! Mithilfe des USA-by-Rail Reiseführers arbeitete ich also eine s-förmige Reiseroute aus, in die ich fast alles einbaute, was mich im Westen der USA interessiert:



USA by Rail auf einer größeren Karte anzeigen

Legende:

A) San Diego B) Phoenix C) Tucson D) El Paso E) Albuquerque F) Santa Fe G) Denver H) Salt Lake City I) Sacramento J) Portland K) Seattle L) Port Angeles M) Missoula N) Glacier National Park O) Fargo P) Minneapolis Q) Milwaukee R) Chicago

Bis auf den Startpunkt San Diego (A) und einen kurzen Aufenthalt in Sacramento (I) habe ich Kalifornien dabei komplett ausgespart - diesen Bundesstaat habe ich ja bereits in in den letzten 3 Monaten ausgiebig erkundet. Die 4 Schwerpunkte meiner Bahnroute sind daher, grob unterteit:
  • der Südwesten der USA mit den Bundesstaaten Arizona, New Mexico & West Texas
  • der Pazifische Nordwesten der USA mit den Bundesstaaten Oregon & Washington
  • die Rocky Mountains mit den Bundesstaaten Colorado & Montana
  • die grossen Seen im Mittelwesten mit den Bundesstaaten Minnesota, Wisconsin & Illinois
In jeder dieser Gegenden habe ich mir die interessantesten Städte herausgepickt (siehe Legende oben) und überlegt wie ich sie am besten mit dem Zug von Süden nach Norden abfahren kann. Obwohl man sicher argumentieren könnte, dass die umgekehrte Fahrtrichtung (also von Norden nach Süden) eine angenehmere Reise mit sich bringen würde (dh. im Sommer im windigen Chicago zu sein, und im Herbst in der Wüste Arizonas, anstatt umgekehrt) bin ich doch froh dass ich diese Orte jetzt so erleben kann wie man sie sich typischerweise vorstellt: also heiss & trocken im Südwesten & eher kühl und regnerisch im Nordwesten. Dementsprechend musste ich mich kleidungsmässig auch auf alles einstellen: von Shorts & Trekkingsandalen für den Saguaro Nationalpark bis zu wasserfester Gore-Tex-Kleidung & Trekkingstiefeln für den Olympic & Glacier Nationalpark hab ich alles mit im Gepäck!

Den USA Rail Pass gibt es in 3 Varianten: für 15 Tage bzw. 8 Segmente, 30 Tage bzw. 12 Segmente oder 45 Tage bzw. 18 Segmente. Das bedeutet dass man ab Antreten der Reise innerhalb der angegebenen Tage die Reise abschliessen muss, und maximal die jeweils angegebene Zahl an Segmenten verbrauchen darf. Ein "Segment" entspricht dabei einer Zugfahrt - egal wie lange sie dauert. Sobald man die Reise unterbricht oder umsteigen muss, hat man ein weiteres Segment verbraucht. Mit genügend Zeit, einem gewissen Ausmass an Vorausplanung, und Abstrichen in der Flexibilität (die Züge bringen einen halt nicht überall hin, es gibt aber häufig auch noch die Thruway Busse von AMTRAK, die auch andere Städte mit dem Bahnnetz verbinden) kann man auf diese Weise ziemlich viel von Amerika für ziemlich wenig Geld sehen! Der 45-Tage-Pass hat mich beispielsweise 750 $ gekostet, und wenn man bedenkt in wievielen Städten ich dabei absteige und wieviele Meilen ich insgesamt zurücklege, ist das eigentlich ziemlich günstig...


Ebenfalls angenehm ist, dass die Reservierungen nicht in Stein gemeisselt sind, und ich theoretisch meinen gesamten Reiseplan jederzeit wieder komplett umstossen kann. Alles was ich dazu brauche ist einen AMTRAK Schalterbeamten mit ein bisschen Zeit. Falls sich keiner findet (wie zuletzt in San Diego), dann kann ich rund um die Uhr die Nummer 1-800-RAIL anrufen, und mich mit einem Beamten verbinden lassen, der mir meine Reservierungen ändert. Gegen Vorlage meines Railway Passes und einem Lichtbildausweis kann ich dann die Bahntickets beim nächstgelegenen AMTRAK Schalter abholen!

Meine erste Bahnreise hab ich auch bereits hinter mich gebracht - von San Francisco fuhr ich zunächst mit einem Nachtbus nach Santa Barbara und stieg dort um 6:45 morgens in den Pacific Surfliner welcher mich via Los Angeles nach San Diego brachte (Ankunft 12:30). Der Zug fuhr häufig direkt an der Pazifikküste entlang - in San Clemente hätte ich mit dem Surfbrett aussteigen und quasi direkt ins Wasser marschieren können!

"ALL ABOARD!" - der Pacific Surfliner in Santa Barbara

Und so sind diese Reisen viel mehr als bloss eine Verbindung von A nach B... erst durch die lange Fahrtdauer und die wechselnde Landschaft lässt sich begreifen welche Strecken ich dabei zurücklege. Nebenbei lernt man auch interessante Leute aus allen Gegenden der USA kennen. Weitere spektakuläre Zugfahrten die mir in den näcshten Wochen bevorstehen:
  • mit dem Sunset Limited entlang der mexikanischen Grenze von Tucson nach El Paso (7 Std.)
  • mit dem California Zephyr von Denver durch die Rocky Mountains nach Sacramento (30 Stunden)
  • mit dem Coast Starlight durch Nordkalifornien nach Portland/Oregon (16 Stunden)
  • mit dem Empire Builder von Seattle nach Chicago/Illinois (ohne Unterbrechungen 46 Stunden)

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